Eine kleine Jazzmusik

Komödie

Geplante Premiere: nicht festgesetzt
Drehbuch: Miloš Forman, Josef Škvorecký
Geplante Realisierung: 1958–1960

1958 begann Forman zusammen mit dem Schriftsteller Josef Škvorecký dessen Kurzgeschichte Eine kleine Jazzmusik für ihre Verfilmung zu adaptieren. Sie legten die fertige Geschichte über eine Jazzkapelle während der Nazizeit mit dem Titel Kapela to vyhrála den Barrandov Filmstudios vor. Die kriegsgegnerische Prägung half dem Film leider gar nicht, und das Studio verlangte eine Reihe von Änderungen, die den Gesamteindruck des Films völlig verändert hätten. Aber die jungen Schöpfer gaben nicht auf und schrieben das Drehbuch geduldig und gemäß den Anmerkungen der Produzenten um. Schließlich gelang es ihnen, einige, auf Anordnung der Produzenten weggelassene Szenen, wieder in das Drehbuch aufzunehmen und es zur Realisierung bewilligt zu bekommen. Kurz vor Beginn der Dreharbeiten wurde aber das Projekt durch einen Eingriff von höchster Stelle verboten. Der damalige tschechoslowakische Präsident Antonín Novotný hatte angeblich in einer Radiosendung etwas über die Vorbereitungen zu einem Film nach einem Drehbuch von Škvorecký gehört und angenommen, dass es sich hierbei um Škvoreckýs kurz zuvor veröffentliche, die kommunistische Politik stark kritisierende Nachkriegs-Satire Die Feiglingehandele; daher ließ er angeblich persönlich das gesamte Projekt verbieten. 

Tatsächlich stand Josef Škvorecký in den Jahren, in denen er mit Miloš Forman an diesem Projekt arbeitete, in der Ungnade des Regimes und durfte mehrere Jahre seine Arbeiten nicht veröffentlichen. Trotzdem wurde er in den 60er Jahren einer der bekanntesten tschechischen Schriftsteller. Während des Frühlings und des Sommers des Jahres 1968 trafen Miloš Forman und Josef Škvorecký wieder aufeinander, dieses Mal arbeiteten sie tatsächlich an der Verfilmung des Romans Die Feiglinge. Dieses Projekt sollte aber auch nicht von langer Dauer sein; die gemeinsame Arbeit kam nicht weiter als bis zum Handlungsabriss; der Grund, warum auch dieses Projekt scheiterte, war höchstwahrscheinlich die veränderte politische Situation nach der Okkupation durch die Armeen des Warschauer Paktes und Josef Škvoreckys Entscheidung, endgültig im Ausland zu bleiben.

Miloš Forman über das Projekt:

  • „Meine Informanten waren sich sicher, dass Novotný zwei verschiedene Werke von Škvorecky verwechselt hatte, und so habe ich also alles versucht, um dieses Missverständnis aufzuklären. Ich klapperte eine Reihe von Ämtern ab, bis ich eine Audienz beim Sekretär der Kulturabteilung des Zentralkomitees der Tschechoslowakischen Kommunistischen Partei höchstpersönlich erbettelt hatte. Dieser mächtige Genosse war überraschenderweise im Grunde ein ziemlich vernünftiger Mensch. Er hörte mir mit einer gewissen Teilnahme zu, um meine Hoffnung mit einem einzigen Satz zu beenden, der viel mehr über den Charakter der Macht in einer klassenlosen Gesellschaft aussagte als ganze Stapel von Publikationen: ‚Genosse Forman, erlauben Sie mir, Ihnen einen freundschaftlichen Rat zu geben. Vergessen Sie diese ganze Geschichte und lassen Sie sich auf etwas anderes ein. Was Sie mir hier erzählen, klingt zwar vernünftig und möglicherweise liegen Sie auch richtig. Aber glauben Sie mir, auch wenn Sie hundertmal Recht hätten, Sie werden niemanden finden, der dem Genossen Präsidenten sagen würde, dass er einen Fehler gemacht hat.‘“

The Hell Camp
Das Höllenlager

Komödie

Geplante Premiere: nicht festgesetzt
Drehbuch: Miloš Forman, Adam Davidson
Geplante Filmarbeiten: 1991

Diese Komödie über eine japanisch-amerikanische Liebesgeschichte und über Sumo-Ringkämpfe war der erste amerikanische Film, bei dem sich Forman traute, selbst als Drehbuchautor tätig zu werden. Als Inspiration diente dem Regisseur ein Dokumentarfilm über eine japanische Schule für Manager, genannt „Hell Camp“. Das junge Drehbuchtalent Adam Davidson half ihm beim Schreiben. Mit der Zeit entstand aus der ursprünglichen Idee eher eine Kulisse für die Geschichte des jungen Amerikaners Taylor, dessen Ehe in die Brüche zu gehen droht. Zudem schickt ihn seine Firma geschäftlich nach Japan. Im Flugzeug dorthin begegnet Taylor dem übergewichtigen Jüngling Joe, der in Tokyo Sumokämpfer werden möchte. Vor Ort zeigt sich aber, dass Joe für den Aufenthalt im fremden Land kein Geld hat; kurz nach der Ankunft wird auch Taylor von seiner Firma gekündigt. Beide enttäuschten Männer ertränken zuerst ihre Trauer im Alkohol, bevor sie die Bekanntschaft mit zwei japanischen Mädchen machen. 

Die amerikanische Filmgesellschaft entschied sich, den Streifen zu finanzieren, und Michael Hausman übernahm die Rolle des Produzenten. Das Projekt scheiterte an der Einstellung der japanischen Sumo-Assoziation, die einschneidende Veränderungen im Drehbuch zur Bedingung ihrer Zusammenarbeit machte. Die Vertreter der Assoziation gaben Forman ihren Standpunkt erst ganze vier Tage vor Drehbeginn bekannt. Sie glaubten, dass der Regisseur das bereits angelaufene Projekt nicht gefährden wollen und auf ihre Bedingungen eingehen würde. Forman aber lehnte die geforderten Änderungen im Drehbuch ab, obwohl die Filmbauten schon standen, die Filmcrew angeheuert, das Casting abgeschlossen und weitere Schauplätze gesichert worden waren.  

Miloš Forman über das Projekt:

  • „Die guten Drehbücher, die mir angeboten wurden, brauchten nur eine anständige handwerkliche Bearbeitung, aber ich habe wohl eher nur eine angebissene Idee gesucht, die ich meiner eigenen Vorstellung nach hätte vollenden können. In meinen Gedanken tauchte immer wieder die Erinnerung an die Sendung 60 Minutes (ein Nachrichtenmagazin des US-Senders CBS, Anm. d. Red.) auf, die von einer japanischen Schule für Manager irgendwo am Fuße des Vulkans Fujiama handelte. Diese Schule wurde „Hell Camp“ genannt, aber auch trotz dieser unschönen Bezeichnung lobten sie ihre Absolventen über alles und mir kam sie wie für den Film geschaffen vor.“
  • „Ich suchte mir meinen jungen talentierten Mitarbeiter Adam Davidson, und im Frühjahr 1990 flogen wir gemeinsam nach Japan. Sony (der Besitzer der Gesellschaft TriStar, Anm. d. Red.) besorgte uns die besten Dolmetscher und Stadtführer; uns wurden alle Türen geöffnet. Adam Davidson meldete sich im Hell Camp an, und während er seinen vierzehntägigen Kurs absolvierte, stopfte ich mich Sushi voll und sah mir Sumo-Kämpfe an.“
  • „Beim Durchlesen des Drehbuches stellte die Führung des Hell Camps mit großem Missfallen fest, dass ihre Schule im Film doch nicht die Hauptrolle spielen sollte, wie sie sich ursprünglich erhofft hatte. Wie es nun mal so oft beim Schreiben passiert, führte uns unsere ursprüngliche Eingebung ganz woanders hin und das Camp wurde nur zur Kulisse unserer Geschichte. Das Management des Camps war aber darüber so enttäuscht, dass es uns verweigerte, bei ihnen zu drehen. Ich flog also nach Japan und lud die Campdirektion zu mehreren opulenten Abendessen ein. Ich machte Witze, trank mit ihnen Bier und andere Drinks. Zwischen die Trinksprüche schob ich sanft meine Argumente und stimmte einigen winzigen Drehbuchveränderungen zu. Eine Million von Worten und mehrere Kater später willigte die Campführung endlich ein, uns die Schule für die Dreharbeiten zur Verfügung zu stellen.“
  • „Die Sumo-Assoziation hat uns nicht einmal die Zusammenarbeit mit den Sumo-Kämpfern erlaubt. Es war aber absolut unmöglich, die Sumo-Kämpfe aus dem Film zu streichen, da unser fragiles Drehbuch das gegenseitige Durchflechten beider Erzählstränge brauchte. Der Film konnte weder ohne den dicken Jungen und seinen Traum existieren, mit dem sich wohl jeder identifizieren kann, noch ohne die erhabene Zeremonie der Kämpfe. Und so mussten wir, nach einer Flut von fieberhaften Besprechungen, zahllosen Transatlantikflügen und falschen Hoffnungen das Hell Camp abblasen, und zwar nur vier Tage vor Drehbeginn. Zweihundert Leute wurden arbeitslos und eine Reihe von jungen unbekannten Schauspielern verlor die Chance, sich im Filmbusiness durchzusetzen. Was mich angeht, so habe ich eineinhalb Jahre meines Lebens verloren. Und in meinem Alter tickt die Uhr immer schneller.“

Dalibor

Theaterinszenierung der Oper von Bedřich Smetana

Geplante Uraufführung: 17. 11. 2000, Nationaltheater, Prag, Tschechische Republik

Den Gedanken, dass Miloš Forman im Prager Nationaltheater die Smetana-Oper Dalibor inszenieren könnte, hatte der damalige Direktor des Theaters Jiří Srstka in 1998. Forman, der ein großer Liebhaber dieser Oper ist und deren Inszenierungen er im Nationaltheater als Student häufig besuchte, stimmte zu, aber nur unter der Bedingung, dass er das Libretto um Einiges kürzen dürfte. Forman schwebte vor, die Handlungslinie der jungen Geliebten und den ganzen zweiten Akt wegzulassen sowie eine Arie zu verlegen. Ervín Špindlers ursprüngliche Übersetzung des deutschen Originals von Josef Wenzig aus dem 19. Jahrhundert erschien ihm archäisch und für den heutigen Zuschauer unverständlich. Deshalb schlug er auch eine Neuübersetzung vor, deren Autor der Dramatiker, Texter und Schauspieler Jiří Suchý sein sollte. Suchýs Poesie stand Forman von seiner Jugend an nahe, und er hatte mit ihm bereits bei mehreren Projekten zusammengearbeitet.
Direktor Srstka schickte Forman eine Tonaufnahme einer früheren Inszenierung der Oper, die der Regisseur in den USA zusammenschnitt, um damit der Theaterdirektion seine Dramaturgie- und Regieabsichten nahezubringen, und nach Prag zurücksandte. Das Konzept wurde durch die Theaterleitung – einschließlich des international anerkannten Dirigenten Libor Pešek, der die neue Inszenierung hätte dirigieren sollen – zur Umsetzung abgesegnet. 

Im Januar 2000 wurde das Projekt auf einer Pressekonferenz des Nationaltheaters vorgestellt. Formans Konzeption erweckte bei Laien- und Fachöffentlichkeit eine gehörige Welle des Unwillens. Gegen die rasanten Abänderungen des klassischen Werkes, das in Tschechien als nationales Kulturerbe gilt, stellte sich überraschenderweise auch der damalige künstlerische Direktor der Oper des Nationaltheaters. Nach Absprache mit der Leitung des Nationaltheaters trat Forman schließlich vom Projekt noch vor dem geplanten Beginn der Proben zurück.

Miloš Forman über das Projekt:

  • „Als sich für mich die Gelegenheit ergab, Dalibor zu inszenieren, habe ich mich entschieden, es so zu machen, wie ich mir das Stück immer als Student gewünscht hatte. Ich kann mich noch sehr genau erinnern, wie ich jedes Mal während der Vorstellung eine Rauchpause einlegte. Ich bin immer während der gleichen Passagen durchs Foyer gegangen, und so entschied ich mich, genau diese Stellen in meiner Version des Dalibors zu streichen. Der ganze zweite Akt zum Beispiel erschien meinem realistischen Naturell völlig überflüssig; in ihm wird in der Kneipe die Flucht aus dem Turm geplant, die wir sowieso bald zu sehen bekommen. Weiter hatte ich vor, die Arie, die  Dalibor singt, nachdem er die Gitterstäbe durchgesägt hat, zu verlegen. In diesem Augenblick würde es doch genügen, aus dem Fenster zu steigen und zu entfliehen, aber Dalibor zieht es vor, eine wunderbare Ode an die Freiheit zu singen; und er singt und singt, bis seine Häscher endlich draufkommen, was vor sich geht und seine Flucht vereiteln. Ich habe mir also gesagt, dass sich für dieses herrliche Stück doch in der Oper irgendein logischerer Platz finden lassen muss.“
  • „Als ich meine Kürzungen mit Hilfe eines alten Kassettenrecorders brutal durchgeführt hatte, verkürzte sich die Oper um 30 Minuten; übrig blieben aber trotzdem noch eine Stunde und fünfundvierzig Minuten von Smetanas überwältigender Musik. Das Band habe ich dann nach Prag geschickt, um dort wenigstens grob mein Inszenierungskonzept aufzuzeigen: Umgehend meldete sich bei mir Libor Pešek, der Dalibor hätte dirigieren sollen. Meine Entwürfe gefielen ihm und er freute sich sehr auf unsere Zusammenarbeit. Gegen meine Konzeption sprach sich aber plötzlich und sehr heftig der Chefregisseur der Oper des Nationaltheaters aus. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich es nur mit seinem Vorgesetzten zu tun, und dem Chef der Oper kam es vielleicht vor, dass ich ihn überging; jetzt meldete er sich aber zu Wort, dass es doch nicht anginge, Smetana so zu beschneiden und dass dieses Juwel der tschechischen Künste unter keinen Umständen auf dem Altar der modernen Sprunghaftigkeit geopfert werden dürfe usw. “
  • „Meine Argumente waren einfach:

    ‚Ich bitte Sie, wer spielt denn heute Shakespeares Stücke noch genau so, wie sie geschrieben worden sind? Doch überhaupt niemand mehr.‘
    ‚Dies ist allerdings kein Shakespeare.‘
    ‚Ja, eben. Dies ist doch nicht Shakespeare.‘
    ‚Ja eben! Hier geht es um Smetana!‘
    ‚Na sehen Sie.‘
    ‚Mit Shakespeare machen Sie von mir aus, was Sie wollen, aber aus dem Smetana streicht mir niemand nur eine einzige Note!‘

    Es blieb mir keine andere Wahl, als Dalibor aufzugeben.“

  • „Als ich meine Entscheidung Direktor Srstka mitteilte, versuchte er, das Ganze noch durch einen Kompromiss zu retten. Er schlug vor, dass das Nationaltheater mich mit Dalibor machen lässt, was ich will, solange es dem Chef der Oper erlaubt würde, seinen Dalibor zeitgleich mit mir aufzuführen. Und so habe ich auf meine alten Tage eingesehen, dass die Oper ein blutiger Sport ist und diese Aufforderung zum Kampf nicht angenommen. Ich konnte es mir jedenfalls nicht erlauben, mich mit jemandem zu messen, der das Nationaltheater über Jahre hinweg regiert hat und der meine Inszenierung genauso leicht hätte aus tausend kleinen Wunden verbluten lassen können wie sie sofort ganz abzuschlachten.“

Die Glut

Drama

Geplante Premiere: 2005
Drehbuch: Miloš Forman, Jean-Claude Carrière

Miloš Forman hätte den Film Die Glut nach dem gleichnamigen Roman von Sándor Márai am 8. Oktober 2003 in Tschechien zu filmen beginnen sollen. Seine erzählerische Filmgestalt wurde dem Roman von Formans engem Freund Jean-Claude Carrière gegeben, der mit ihm schon am Streifen Taking Off  im Jahr  1971 und an Valmont  1989 zusammengearbeitet hatte.

Die Geschichte erzählt von zwei Männern, die sich, aus verschiedenen sozialen Milieus stammend, auf einer Militärakademie im ehemaligen Österreich-Ungarn anfreunden. Sie gehen getrennte Wege, als der eine ein Mädchen heiratet, das beide lieben. Sie treffen sich nach 41 Jahren wieder, reden über Liebe, Eifersucht, Besitzgier und versöhnen sich. Dieses Drama voll von Leidenschaft und Verrat beschwört die vergangene Zeit der letzten Jahrzehnte der österreichisch-ungarischen Monarchie herauf. Für die Hauptrollen der beiden alten Herren fiel Regisseur Formans Wahl auf Sean Connery und Klaus Maria Brandauer. Die Rolle ihrer schicksalshaften Liebe sollte Winona Ryder spielen.

Der Film sollte in italienischer Produktion unter der Leitung von Robert und Michael Haggiag entstehen; als ausführender Produzent nahm sich Formans langjähriger Mitarbeiter Michael Hausman des Projekts an. Einige Monate vor Drehbeginn konnte sich der italienische Produzent mit dem Hauptdarsteller Sean Connery nicht auf Einzelheiten seines Vertrages einigen, und der Schauspieler entschied sich, vom Film zurückzutreten. Regisseur Forman war aber so von seiner Wahl der Besetzung überzeugt, dass er den Film nicht ohne Connery realisieren wollte und ein paar Wochen vor Drehbeginn vom Projekt zurücktrat.

Miloš Foman über das Projekt:

  • Die Glut habe ich ursprünglich von dem italienischen Produzenten, dem die Buchrechte gehörten, zu lesen bekommen. Robert Haggiag war schon über neunzig Jahre alt; als Produzent hatte er aber nur drei oder vier Titel hinter sich, die letzten zwei davon waren aber unvergesslich – Unmoralisch lebt man besser (L´immorale) und Sexy-Ladies (Candy). Der Letztere konnte sich zwar mit einer Starbesetzung brüsten, Marlon Brando und Robert Burton spielten darin; aber ich hatte bisher nicht genug Mut aufgebracht, ihn mir anzusehen. Lieber hatte ich mir eingeredet, dass Haggiag in Die Glut seine letzte Chance auf so etwas wie eine filmische Erlösung sah und dass er damit zumindest einen anständigen Film hinterlassen wollte.“
  • „Die Geschichte in Die Glut räsonierte mit etwas, was mir im Leben passiert war, und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass ich die Geschichte doch ziemlich spannend hätte erzählen können. Also habe ich mich mit Jean-Claude Carrière hingesetzt und ein Drehbuch geschrieben. Haggiag war davon begeistert und bat Michael Hausman, mit der Produktion anzufangen. Als alter General fiel mir sofort Sean Connery ein. Ich stellte fest, dass er sich gerade in New York aufhielt, und lud ihn ein, um mit ihm das Drehbuch durchzugehen. Connery kam zu mir nach Hause, verschränkte die Beine unter sich und las mit mir das ganze Drehbuch durch. Er spielte den alten General und ich spielte alle übrigen Personen. Sofort fand er das richtige Register und machte sich die Rolle schnell zu Eigen. Sobald wir das ganze Drehbuch durch hatten, schlug er wieder die erste Seite auf und meinte: ,Das war so angenehm, das würde ich glatt noch einmal tun.´ Wir haben dann das Drehbuch nicht nur noch einmal durchgelesen, sondern Connery kam auch am nächsten Tag zu mir nach Hause. Dieses Mal spielte er nicht nur den alten General, sondern auch den jungen in seinen Erinnerungen. Das war von ihm eine großzügige und kluge Geste – er zeigte mir, welch ein Mensch der General in seiner Jugend gewesen sein muss. Und auch an diesem Morgen haben wir das Drehbuch zweimal durchgelesen.“
  • „Zu Beginn des Sommers 2004 lief das Projekt Glut wunderbar an. Ich war in London und suchte jemanden, der den jungen General hätte spielen können. Dies war keine einfache Rolle, da dieser junge Mann den Erinnerungen an den ursprünglichen James Bond hätte standhalten müssen. Schließlich engten wir die Auswahl auf zwei Schauspieler ein und wollten uns noch mit Connery beraten, ob er sich vielleicht in dem einen mehr als in dem anderen sehen würde. Ich rief ihn an, aber am anderen Ende der Leitung flüsterte Connery so, also ob auf ihm eine Plüschdecke voller Depressionen liegen würde.

    ‚Sean, wie geht es Dir?‘
    ‚Nicht besonders gut. Gerade eben habe ich den Vertrag gesehen, und der hat überhaupt nichts damit zu tun mit dem, was mir versprochen wurde,´ sagte Connery.
    Ich wusste, dass Haggiag auch bei der Zuteilung des Grundkapitals für die Produktion geizig war, aber Sean Connery war für den zeitweiligen italienischen Produzenten die beste Visitenkarte. ‚Da muss es zu einem Missverständnis gekommen sein‘, sagte ich Connery. ‚Ich werde Haggiag sofort anrufen und das Ganze in Ordnung bringen.‘“

  • „Ich rief Haggiag an, und er versicherte mir, dass er sich bewusst sei, wie unglaublich wichtig es für Die Glut sei, dass in ihr Sean Connery spielen würde und versprach mir, dass er alles in die richtigen Gleise bringen würde. Kurz darauf erfuhr ich, dass Haggiags Sohn Michael urplötzlich zum Produzenten unseres Filmes ernannt worden war, was für mich eine absolute Neuigkeit war; und dass es Michael Haggiag gewesen sei, der sich telefonisch mit  Sean Connery in Verbindung gesetzt hatte. Ihr Gespräch soll sehr kurz gewesen sei, und als Connery den Hörer aufhängte, soll er seinem Produzenten erklärt haben, dass er niemals wieder etwas mit einem Projekt zu tun haben wolle, in dem in irgendeiner Weise der Name Haggiag vorkommen würde.“

Der Geist von München

Drama

Geplante Erstaufführung: 2010
Drehbuch: Miloš Forman, Jean-Claude Carrière

Am Drehbuch für den Film Der Geist von München nach dem gleichnamigen Roman des französischen Schriftstellers Georges-Marc Benamou arbeitete Miloš Forman mit seinem langjährigen Mitarbeiter Jean-Claude Carrière und auch mit dem ehemaligen tschechoslowakischen und tschechischen Präsidenten und Dramatiker Václav Havel zusammen.

Die Geschichte des Romans beleuchtet die Geschehnisse um das Münchner Abkommen, auf dessen Grundlage im Herbst 1938 die damalige Tschechoslowakei ihre Grenzgebiete an das nazistische Deutschland abtreten musste. Diese politische Entscheidung der Europamächte - Frankreich, Großbritannien und Italien - eröffnete dem deutschen Führer den Weg zur Invasion Europas. Als Konsequenz hatte diese Entscheidung Millionen von Todesopfern zur Folge. Die Geschichte versetzt den Leser in das Jahr 1968, in dem eine junge amerikanische Journalistin den ehemaligen französischen Ministerpräsident Édouard Daladier befragt, der einer der Unterzeichner des Abkommens war. Sie hofft, dass er ihr helfen kann, die wirklichen Umstände dieses für Europa so tragischen Ereignisses zu erhellen. In den Erinnerungen des im Abseits lebenden Politikers entfaltet sich das mitreißende Drama des schicksalshaften Tages im September des Jahres 1938. Es wird begleitet von prägnanten psychologischen Portraits seiner Hauptakteure und von Beschreibungen ihrer konfrontativen Begegnungen. Der Roman belebt eine historische Begebenheit, die zum Symbol einer verachtungswürdigen Politik der Zurückweichung vor Aggression und der Verletzung des internationalen Rechts wurde.

Für die Rolle des französischen Premiers hatte Forman den französischen Schauspieler Mathieu Amalric im Auge; seine ältere Gestalt hätte von Gérard Depardieu gespielt werden sollen. Die Produktionsgesellschaft Pathé schaffte es aber nicht, genügend finanzielle Mittel zusammenzubringen und so stoppte sie das Projekt mit einem geplanten Budget von 20 Millionen Dollar nach einjährigen Vorbereitungen (einschließlich Casting und Filmortbesichtigungen).

Miloš Forman über das Projekt:

  • „Georges-Marco Benamou, der Autor des Romans Der Geist von München, an Hand dessen wir das Drehbuch geschrieben haben, wollte auch der Produzent des Filmes werden, aber dann hätte er auch die Rechte zum Film und das Drehbuch von Pathé kaufen müssen. Das sind aber extra Gelder, die er nicht hat und die ihm niemand geben wird. Er kann das Drehbuch natürlich umschreiben, aber dann darf nichts davon drin sein, was schon fertig ist; aber dann habe ich auch keinen Grund, warum ich das machen sollte. Ein Film über das Münchner Diktat könnte außerdem den Deutschen, Franzosen und Engländern unangenehm sein, also glauben bestimmte Leute, dass sie damit ein Verlustgeschäft machen.“
  • „So sind mir schon einige Filme kollabiert, als schon alles fertig war und wir in den nächsten Tagen hätten zu drehen anfangen sollen. Das gehört aber nun mal zu Showbusiness.“