1945

Theater Na Kovárně, Poděbrady

Schülertheatergruppe

Regie:  Josef Sahula, Darsteller: die Studenten des örtlichen Gymnasiums
Miloš Forman: Darsteller in – Nikolaj Vasiljevič Gogol: die Heirat (Ehemann), Molière: Der Geizige (Harpagon), Václav Kliment Klicpera: Hadrian von Reims (Hadrian von Reims)

Das Internatsgymnasium für Kriegswaisen in Poděbrady führte alljährlich im Theater Na Kovárně eine Schülerinszenierung auf, und der Schüler Forman, der schon seit seiner Kindheit vom Theater fasziniert war, zauderte keinen Augenblick und schloss sich der Produktion an. Der Leiter der Schülergruppe war der Kunstprofessor und Kunstmaler Josef Sahula, der Forman in mehreren Inszenierungen besetzte, und zwar auch in Hauptrollen.

Miloš Forman über die Inszenierungen:

  • „Wir haben nicht nur gespielt, sondern haben auch die Kostüme genäht, die Kulissen gebaut und alle anderen Arbeiten verrichtet.“
  • „Wir spielten immer zweimal, am Nachmittag für unsere Mitschüler, am Abend für die Eltern. Beiderlei Publikum lachte großzügig über unsere Gags, die wir für sie ausgedacht hatten, schrien vor Vergnügen, wenn uns irgendein unausweichlicher Lapsus unterlief. Sie riefen uns Witze zu, hatten viel Spaß, und am Ende bereiteten sie uns einen gewaltigen Applaus.“
  • „Das Schauspielen hat mir Spaß gemacht, aber noch toller fand ich, Kostüme anzuziehen und sich zu schminken. Als ich den Harpagon oder den Hadrian spielte, musste ich mich in einen  Greisen verwandeln und ich fieberte immer dem Moment entgegen, in dem ich mein Kostüm, die Schminke oder eine alberne Perücke in der Hand halten konnte.“
1950

Die Lumpenballade

Laienschauspiel-Inszenierung

Regie: Miloš Forman
Darsteller: Ivan Kheil, Jiří Hrubý, Jaromír Toť, Miloš Forman und andere
Erstaufführung: 1950, Prag, Tschechoslowakei

Während seines Gymnasialstudiums in Prag schloss sich Forman mit einigen seiner Mitschüler zusammen, um eine Amateur-Inszenierung des Vorkriegs-Musicals Die Lumpenballade aus der Feder der beliebten tschechischen Komödianten Jiří Voskovec und Jan Werich einzustudieren.

Es gelang ihnen, ein kleineres Orchester, Tänzer und auch eine beachtliche Ausstattung auf die Beine zu stellen: Die Aufführung hatte Anfang des Jahres 1950 in der Aula des Gymnasiums Premiere. Ihr Erfolg ermunterte die jungen Theatermacher, ein Theater zu finden, in dem sie das Stück auf kommerzieller Basis aufführen könnten. Formans Wahl fiel auf das Prager Theater D50 (das seinen Sitz an der Stelle hatte, wo sich heute das Theater Archa befindet). Überraschenderweise gelang es Forman, den Direktor des Theaters, Emil František Burian, davon zu überzeugen, den Studenten das Theater für eine Serie von montäglichen Aufführungen zu vermieten. Erhaltene Unterlagen aus jener Zeit können bezeugen, dass die Aufführung recht großen Erfolg hatte und das ganze Frühjahr 1950 hindurch gespielt wurde. Miloš Forman verkörperte in der Inszenierung die Gestalt eines Pariser Ratsherrn. In der Aufführung trat auch Libor Pešek auf, heute ein überaus namhafter Dirigent und Inhaber des Ordens des Britischen Imperiums. Die Studenten sollen mit ihrer Version der Lumpenballade auch eine Reihe von Gastspielen außerhalb von Prag absolviert haben.

Miloš Forman zur Inszenierung:

  • „Rückblickend ist es mir gar nicht klar, wie wir das alles fertig gebracht haben. Ich weiß nur, dass wir uns irgendwelche Erlaubnisformulare vom Bezirkskulturzentrum besorgen, ein paar Stempel und Unterschriften fälschen und einen Plakatkleber bestechen mussten, damit er unsere Plakate über die Plakate des Nationaltheaters klebte.“
  • „Schon der erste Montag war beinahe ausverkauft und die Leute lachten wie die Wilden. Man konnte fühlen, wie das alte Gebäude zum Leben erwachte. Das Ganze hat sich bald herumgesprochen und eine Meute von Mittelschülern hatte auf einmal die beliebteste Vorstellung von ganz Prag, was nur bezeugt, wie groß der Hunger nach jeglicher Erheiterung war “
1958

Laterna Magika

Multimediale Theaterinszenierung

Regie: Alfréd Radok, Vladimír Svitáček, Ján Roháč
Darsteller: Zdeňka Procházková, Sylva Daníčková und Valentina Thielová
Tänzer: Jarmila Manšingrová, Naďa Blažíčková, Yvetta Pešková, Eva Poslušná, Miroslav Kůra, Vlastimil Jílek und andere
Drehbuchcoautor: Miloš Forman
Erstaufführung: 9. 5. 1958, Weltausstellung EXPO ´58, Brüssel, Belgien
Tschechische Erstaufführung: 9. Mai 1959, Palais Adria, Prag

Das einzigartige Theaterprojekt Laterna Magika, das für die Weltausstellung EXPO ´58 geschaffen wurde, kombiniert Filmaufnahmen mit lebendiger Musik, Schauspielern und Tänzern. Es hatte die Absicht, der Welt auf zugängliche und fesselnde Weise das Leben in der damaligen Tschechoslowakei näher zu bringen. Dank seiner Originalität wurde es zum Hit der Weltausstellung. Lange Schlangen standen vor den legendären Vorstellungen und noch vor dem Ende der Ausstellung forderten verschiedene Theater aus 14 Staaten Gastauftritte oder die Lizenz für diesen Theatertyp an.

Die Geschichte dieser neuen multimedialen Technologie – der Laterna Magika – begann 1958, als der Regisseur Alfréd Radok und der Bühnenbildner Josef Svoboda für die Weltausstellung im belgischen Brüssel und den tschechischen Pavillon die Vorstellung mit dem Namen Laterna Magika kreierten. Das Programm setzte sich aus mehreren Nummern zusammen, in denen die die Geschehnisse auf der Bühne mit Filmaufnahmen ins Verhältnis gesetzt wurden. Die Vorstellung bestand aus dreizehn kurzen Szenen: Die Konferenz, das Zimbal Konzert, ein Tanzintermezzo, Inspiration, lebendes Glas, Prag, die Sinfonietta, die Tschechoslowakei, Slowakische Volksweisen, SĽUK (das Slowakische Volkskunstkollektiv), Kinder, Jan Amos Komenský, Finale. Sie war zusammengestellt worden, um das damalige Leben in der Tschechoslowakei am besten zu charakterisieren, sie bezog sich auf die Geschichte und betonte die nationale Einzigartigkeit. Um das Endresultat für den Zuschauer annehmbar, lehrreich und gleichzeitig unterhaltsam zu machen, wechselten sich informative und kreative Abschnitten ab. Die Filmprojektion diente nicht als bewegliche Kulisse, sondern war einfallsreich in das Bühnengeschehen eingebunden. Laterna Magika hatte einen großen Anteil am Erfolg des Tschechischen Pavillons auf der Weltausstellung in Brüssel.

Miloš Forman zur Inszenierung:

  • „Radok war ein Zauberer des Theaterillusionismus und keiner der Bonzen kam darauf, dass diese seine „propagandistische“ Kollage eigentlich nur den Hintergrund zu seiner eigenen Invention und Poesie bildete. Die pflichtgemäßen Aufnahmen der Tschechoslowakei und ihrer Kultur fehlten natürlich nicht, aber das, was Brüssel in Staunen versetzte, war Radoks Methode und Invention. Auf der Leinwand lief ein Film, auf einmal löste sich von ihm eine lebendige Schauspielerin ab und begann, sich mit ihrem filmischen Schatten zu unterhalten; der Pianist verschwand mitten in einer Note zusammen mit seinem Instrument und eine Reihe von Tänzerinnen tauchte aus dem Nichts auf der verlassenen Bühne auf. Die Originalität und der Witz der Vorstellung lockten ganze Scharen von Zuschauern in unsere Vorstellungen. Sogar Walt Disney kam zu uns, um uns persönlich seine Bewunderung auszusprechen; und ich konnte dem Schöpfer der Helden meiner Kindheit die Hand schütteln.“
1960

Laterna Magika II.: das Gastspielprogramm

Revuegastspielprogram im Stil der Laterna Magika

Regie: Alfréd Radok
Darsteller: Irena Kačírková, Sylvie Daníčková, Marie Staňková, Jaroslava Panýrková
Drehbuchcoautor: Miloš Forman
Erstaufführung: 5. 12. 1960, Palác Adria, Prag, Tschechoslowakei

Die Fortsetzung des so erfolgreichen Projekts Laterna Magika entstand als Gastspielprogram für ausländische Gastspiele des neu gegründeten Stamm-Ensembles. Im Unterschied zu der vorangegangenen Inszenierung konzentrierte sich das neue Programm mehr auf unterhaltende als auf propagandistische Elemente. Ein Teil davon  – das Aufschließen der Brunnen – wurde vom kommunistischen Regime verboten.

Nach dem großen Erfolg in Brüssel wurde für das Programm der Laterna Magika das Kino Moskva im Palais Adria in Prag umgebaut; hier entstand ein ständiges Theaterensemble. Der Regisseur Alfréd Radok wurde mit der Einstudierung eines neuen Programms betraut, welches Laterna Magika II.: das Gastspielprogram genannt wurde. Es war vor allen Dingen von informativem Charakter, da es die Tschechoslowakei im Ausland präsentieren sollte. Dieses Mal lag der Schwerpunkt auf Kultur und Kunst und nicht auf Industrie und Landwirtschaft, wie es in Brüssel der Fall gewesen war. Die Tanzeinlagen wurden teilweise durch Schauspieleinlagen ersetzt und es kam zu einer engeren  Anbindung zwischen den einzelnen Szenen und den Filmausschnitten.  

Teil des Programms sollte auch eine szenische Aufführung des Aufschließens der Brunnen werden, das Werk des tschechischen Komponisten Bohuslav Martinů, der kurz zuvor in seinem Schweizer Exil verstorben war. Als die einstudierte Vorstellung den kommunistischen Machthabern zur Absegnung vorgeführt wurde, erweckte gerade dieser Teil großen Unwillen. Der damalige stellvertretende Vorsitzende der Regierung und somit der Schöpfer der kommunistischen Kulturpolitik Václav Kopecký bezichtigte Radok des Reaktionismus und des „jüdischen Expressionismus“. Dass er wohl die Welt um zwanzig Jahre zurückdrehen wolle, veraltete Moralvorstellungen bewundere und absichtlich nicht die moderne Technologie der tschechoslowakischen Wirtsschaft zeige.

Die Premiere wurde verschoben und Regisseur Radok aus dem neu entstandenen Theater Laterna Magika hinausgeworfen. Seine jungen Mitarbeiter einschließlich Miloš Forman wurden aufgefordert, die Vorstellung ohne den umstrittenen Teil des Aufschließen der Brunnen zu Ende zu bringen und auch weitere Szenen zu verändern, was sie auch taten. Radok hatte sich gewünscht, dass sie zusammen mit ihm das Theater demonstrativ verlassen würden. Die Tatsache, dass sie die Inszenierung ohne ihn zu Ende führten, verstand er als Verrat an seiner Person.

Die tschechische Erstaufführung fand nur für einen engen Kreis des politischen und kulturellen Establishments statt. Anfang Januar 1961 wurde das Gastspielprogramm in London aufgeführt. Beim britischen Publikum war der Anklang nicht so groß wie in Brüssel, aber auch so war die Vorstellung so erfolgreich, dass sie insgesamt in 16 Staaten und mit einigen Abänderungen bis in das Jahr 1967 aufgeführt wurde. In einer weiteren, wieder veränderten Form und unter dem Namen Revue aus der Kiste war die Vorstellung ein Teil der tschechoslowakischen Exposition auf der Weltausstellung EXPO ´67 in Montreal.

Miloš Forman über die Inszenierung:

  • „Während der gesamten 50er Jahre wechselten sich die Kommunisten darin ab, Radok aufs Höchste zu loben und dann zu verdammen, aber dieses Mal hatten sie ihn damit beauftragt, eine neue Inszenierung der Laterna Magika zu schaffen, die mehr Unterhaltung und weniger Propaganda sein sollte, da London und weitere devisenträchtige Kunden an ihr Interesse gezeigt hatten. Radok wandte sich wiederum an Roháč, Svitáček und an mich, und bat uns, ihm zu helfen, die Vorstellung auf die Beine zu stellen. Mit meiner Zusage haben ich keine Sekunde gezögert.“
  • Laterna Magika war ein überwältigendes Theaterexperiment, aber die zweite Vorstellung (respektive die zweite Inszenierung, Anm. d. Red.) war noch besser.“
  • „Ein Teil des Programms folgte frei dem Rhythmus des Lebens auf dem Lande, mit natürlichen Brennpunkten wie Geburt, Hochzeit und Tod. Diese Sequenz war von der Musik Bohuslav Martinůs inspiriert worden und hieß, genauso wie die Musikvorlage, das Aufschließen der Brunnen. Die Szene bestand aus dem Interieur eines Bauernhauses mit einigen wirklichen Bauernmöbeln auf der Bühne und der Projektion von Fenstern, Bildern und Feldern im Hintergrund. Zwei Tänzer liefen auf die Bühne, tanzten ein Liebesduett um das Bett und gleichzeitig wurde die Hintergrundprojektion immer größer. Es dauerte eine Weile, bis sich der Zuschauer bewusst wurde, dass durch das Fenster drei Gestalten in die Stube hinein gafften. Die Liebhaber verführten sich weiterhin gegenseitig, aber sehr schnell wurden sie von den drei lächerlichen, grotesken und furchterregenden Grimassen überwachsen. Gerade wegen solcher Zaubereien wollten Leute mit Radok zusammen arbeiten, obwohl er ein sehr anspruchsvoller, nerviger Mensch war und von Zeit zu Zeit einen sehr wohl heftig zurechtweisen konnte.“
  • „Mir lag an  Radok viel, viel mehr als an seiner Aufführung, aber zu einer so romantischen Geste (den gemeinsamen Rücktritt von dem Projekt, Anm. d. Red.) war ich nicht fähig. Nach außen hätte ich das Etikett eines gefährlichen Aufwieglers bekommen, und dazu hatten weder ich, noch Roháč oder Svitáček den Mut. Ich glaube, dass uns dies Radok nie verziehen hat.“
1966

Laterna Magika: Variace 66, das Aufschließen der Brunnen

Multimediale Theaterinszenierung

Regie: Alfréd Radok
Darsteller: Jaroslava Panýrková, Marie Staňková, Kateřina Trávnická, František Filipovský, Irena Kačírková, Miloš Kopecký, František Zwarik, Milena Dvorská
Tänzer: Jana Andrsová, Blanka Modrá, Pavel Veselý, Václav Štádler, Olga Šulcová, Daria Voborníková, Karel Vrtiška, Saša Aišmanová, Jarmila Belšánová, Růžena Beníšková, Jana Braunschlägerová, Taťána Henrychová, Sylva Jílková, Monika Lichtágová, Věra Masaříková, Miloslava Rejholcová, Věra Nováková
Drehbuch-Coautor: Miloš Forman
Erstaufführung: 27. 5. 1966, Palác Adria, Praha, Tschechoslowakei

Die dritte Inszenierung aus der Serie der Laterna Magika-Inszenierungen war eine Kompilation der erfolgreichsten Stücke aus den vorhergegangenen Programmen. Sie entstand während einer Zeit der Lockerung der politischen Umstände in der Tschechoslowakei in der zweiten Hälfte der 60er Jahre. Alfréd Radok konnte zum Projekt zurückkehren und den ursprünglich verbotenen Teil das Aufschließen der Brunnen vollenden.

Obwohl die Passage das Aufschließen der Brunnen 1960 aus dem Gesamtkonzept der Inszenierung das Gastspielprogramm ausgeschlossen und der Regisseur  Alfréd Radok gefeuert worden war, konnte dank der politischen Entspannung in der zweiten Hälfte der 60er Jahre der Autor und die Inszenierung im Jahr 1966 in die Laterna Magika zurückkehren. Radok gestaltete damals die Inszenierung Variace 66, das Aufschließen der Brunnen. Das Programm bestand aus den beliebtesten Nummern der ursprünglichen auf der Expo ´58 aufgeführten Inszenierung Laterna Magika, des Gastspielprogrammes und des ursprünglich verbotenen Aufschließens der Brunnen. Neu im Programm war auch das heute weltberühmte Schwarze Theater von Jiří Srnec und künstlerische Elemente aus der Werkstatt des heute gleichsam weltweit hochangesehenen tschechischen Filmemachers und Künstlers Jan Švankmajer. Die Inszenierung lief bis ins Jahr 1968, als die reformistischen Bemühungen tschechoslowakischer Politiker durch den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes unterbrochen wurden. Gleich nach der Okkupation emigrierte Radok mitsamt seiner Familie nach Schweden.

1972

Das kleine schwarze Buch

Komödie

Regie: Miloš Forman
Darsteller: Richard Benjamin, Delphine Seyrig
Erstaufführung: 25. 4. 1972, Little Theatre, New York, USA

Im Jahr 1972 nahm sich Miloš Forman der Theaterregie der Komödie seines Freundes Jean-Claude Carrières an. Das Kammerspiel wurde im kleinsten Theater auf dem Broadway aufgeführt.

Carrières Stück (von Jerome Kilty ins Englische überführt) erzählt von einem Mädchen mit einem Koffer, das urplötzlich in der Wohnung eines alternden Casanovas auftaucht. Sie ist offensichtlich an der falschen Adresse, aber bald fühlt sie sich dort wie zu Hause. Sie möchte sich nur irgendwo für einen Tag ausruhen und schlägt dem alten Schwerenöter vor, ihm als Gegenleistung die Wohnung aufzuräumen. Der Mann beginnt aber zu überlegen, ob er die junge Frau nicht von irgendwoher kennt oder ob sie nicht sogar einmal kurz seine Geliebte war. Und als die junge Frau erwähnt, dass sie vor Zeiten eine Abtreibung hatte, fängt der alternde Casanova an zu befürchten, dass das Mädchen es auf Rache abgesehen hat. Das Mädchen bleibt aber weiterhin so mysteriös wie zuvor und es bleibt dem Zuschauer überlassen, sich zu entscheiden, ob die zwei eine gemeinsame Geschichte verbindet oder nicht.

Das Theaterstück für zwei Personen wurde sehr interessant besetzt. In der weiblichen Hauptrolle glänzte die Film- und Theaterschauspielerin französischen Ursprungs Delphine Seyring, die bis dahin in einer Reihe von bedeutenden europäischen Filmen mitgewirkt hatte (Letztes Jahr in Marienbad, Muriel, Gestohlene Küsse, Der diskrete Charme der Bourgeoisie, Die Milchstraße u.a.) aber auch in Hollywood tätig gewesen war. Ihr Schauspielpartner war der amerikanische Schauspieler, Regisseur und Produzent Richard Benjamin, bekannt aus Filmen wie Catch 22 oder Harry außer sich. Die Inszenierung erlebte trotz ihrer Starbesetzung nur 7 Reprisen.

Miloš Forman über die Inszenierung:

  • „Es machte mir Spaß, ins Theater zu gehen und mich zusammen mit den Schauspielern Delphine Seyring und Richard Benjamin über den Text zu streiten. Die Arbeit machte mir Spaß, aber ich musste mir am Ende eingestehen, dass aus mir niemals eine Theaterregisseur werden würde. Es gibt nur eine Handvoll von Regisseuren – und Ingmar Bergman ist unbestreitbar der beste von ihnen, die einen Film genauso gut wie ein Theaterstück führen können. Ich gehöre auf keinen Fall dazu. Mir fehlt die abstrakte Vorstellungskraft, die das Theater fordert. Am Ende habe ich immer das Gefühl, dass ich nur eine einzige Kamera mit einem einzigen Objektiv zur Verfügung habe und dass ich zwei Stunden nur eine einzige Aufnahme ansehen kann und die ganze Zeit mit mir kämpfen muss, um nicht ‚Stop!‘ zu schreien.“
2007

Dobře placená procházka
A Walk Worthwhile

Theateraufführung einer Jazzoper

Regie: Miloš Forman, Petr Forman
Darsteller: Petr Stach in Alternation mit Zbyněk Fric, Jana Malá in Alternation mit Dáša Zázvůrková, Petr Píša in Alternation mit Tomáš Trapl oder Lukáš Kumpricht, Jiří Suchý in Alternation mit Petr Macháček oder Zbyněk Fric, Zuzana Stivínová in Alternation mit Jitka Molavcová oder Tereza Hálová, Jana Fabiánová in Alternation mit Beatrice Todorová oder Irena Magnusková, Miroslav Lacko in Alternation mit Petr Wajsar
Erstaufführung: 22. 4. 2007 und 23. 4. 2007, Nationaltheater, Prag, Tschechien

Die Theater-Inszenierung der Jazzoper Dobře placená procházka (ein gutbezahlter Spaziergang) des legendären Autorenteams Jiří Šlitr und Jiří Suchý war ursprünglich in den 60er Jahren in deren Autorentheater Semafor aufgeführt worden. Bei der neuen Inszenierung – dieses Mal im Nationaltheater – führte Miloš Forman zusammen mit seinem Sohn Peter Regie.

Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts waren die Autoren Jiří Šlitr und Jiří Suchý eines der populärsten Theater- und Musikduos in der Tschechoslowakei mit einem unverwechselbaren Inszenierungsstil, Musikausdruck und Humor. 1966 hatte Forman zusammen mit dem Regisseur der ursprünglichen Semafor-Inszenierung des gutbezahlten Spazierganges Ján Roháč die Aufführung fürs Fernsehen adaptiert. Zu diesem Stoff kehrte Forman nun nach vierzig Jahren zurück. Als Co-Regisseur erbat er sich seinen Sohn Peter, der schon mit der Inszenierung von Opernformaten auf den Brettern des Nationaltheaters Erfahrung gemacht hatte. Das Bühnenbild entstand unter der Leitung seines zweiten Sohnes, Matěj Forman.

Die einfache Handlung dreht sich um die Scheidung eines jungen Ehepaares, Uli und Vanilka, die durch die plötzliche und unerwartete Nachricht über eine Erbschaft, die eine Tate aus Liverpool ihrem potenziellen ungeborenen Kind vermacht hat, verkompliziert wird. Eine Million Britische Pfund bewegt das junge Ehepaar dazu zu versuchen, ihre Uneinigkeiten aus dem Weg zu räumen.

Da sich die ursprüngliche Instrumentierung, das heißt die einzelnen Partituren der jeweiligen Instrumente des Orchesters aus dem Jahre 1965, nicht erhalten hatte, war es notwendig, für die Inszenierung im Nationaltheater eine neue Instrumentierung zu schaffen. Dieser schweren Aufgabe nahm sich der junge Komponist und Dirigent Marko Ivanović an.

Miloš Forman über die Inszenierung:

  • „Für mich ist bis heute das Nationaltheater etwas Heiliges, so in etwa wie der St. Veits Dom, man musste also alle diese Emotionen bewältigen. Das Stück wurde ursprünglich für einen kleinen, intimen Rahmen geschrieben und das Ganze auf Semafor-Art zu machen, das hätte nicht gewirkt. Also haben wir dem ein bisschen Broadway zugegeben, und falls es uns gelungen ist, dann bin ich sehr stolz darauf.“
  • „Es ging uns darum, dass sich die heutigen Interpreten nicht bemühen sollten, die Originalbesetzung des Semafors zu kopieren oder es so wie Šlitr oder Hana Hegerova zu machen. Und glücklicherweise haben sie wirklich ihren eigenen Weg gefunden. Jeder von ihnen ist anders.“
  • „Menschlich gesehen war dies mein glücklichster Schaffenszeitraum – mit meinen Jungs (die älteren Söhne Miloš Formans, Petr und Matěj Forman, Anm. d. Red.). Natürlich haben wir alle drei unsere eigene Meinung, die wir vertreten. Aber wir wissen auch, dass wir am Ende an einem Kompromiss ankommen müssen. Das gehört zu der Sache dazu. Es war eine wunderbare Zusammenarbeit und ich bin stolz  auf die Jungs.“

Auszeichnungen:

Alfréd Radok Preis (2007)
Ort: Prag, Tschechien
Preis: Lorbeerblatt
Kategorie: Drehbuch – Matěj Forman

Preis der Sazka und der Theaterzeitung (2007)
Ort: Prag, Tschechien
Preis: Silberner Orpheus
Kategorie: Musiktheater – Miloš Forman, Petr Forman, Matěj Forman